Gaza und der Wendepunkt der Geschichte

Gaza und der Wendepunkt der Geschichte
Zerstörung in Gaza Bildnachweis: CC/Jaber Jehad Badwan

Die Berichte der letzten Tage haben unmissverständlich gezeigt, dass die „internationale Gemeinschaft“ die Menschen in Gaza im Stich gelassen hat. Nicht nur, dass sie 19 Monate lang unter wahllosen Bombardierungen, Zwangsumsiedlungen und dem Mangel an den grundlegendsten menschlichen Bedürfnissen gelitten haben, jetzt, nach 70 Tagen vollständiger Blockade durch Israel, sehen sie sich auch noch mit einer ausgewachsenen Hungersnot konfrontiert. Die Organisation Integrated Classification of Food Security veröffentlichte am 12. Mai einen Bericht, in dem es heißt, der gesamte Gazastreifen habe nun Phase 4 der Nahrungsmittelkrise erreicht, während sich 22 Prozent der Bevölkerung bereits in der höchsten Phase 5 befänden. Sogar Josep Borrell, der unrühmliche ehemalige EU-Chefdiplomat, meldete sich zu Wort und sagte: „ Ich habe selten einen Staatschef [den israelischen Premierminister Netanjahu] gehört, der so klar einen Plan dargelegt hat, der der juristischen Definition von Völkermord entspricht.“ Er fügte hinzu: „Dies ist die größte ethnische Säuberung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.“

Die bekannt gewordenen Bemühungen der USA und einer neuen humanitären Hilfsorganisation, der „Gaza Humanitarian Foundation“, sind nicht nur verdächtig, sondern ausgesprochen katastrophal. Der ehemalige britische Premierminister Tony Blair soll eine wichtige Rolle bei der Konzeption und Funktionsweise dieser Organisation spielen – eine Situation, die man mit großer Vorsicht beobachten sollte.

Eine Reihe von Leitartikeln führender westlicher Nachrichtenagenturen in den letzten Wochen, in denen nach anderthalb Jahren des Schweigens vor einem regelrechten Völkermord in Gaza gewarnt wurde, veranlasste Caitlin Johnstone zu der Feststellung, dass „viele spüren, was in der Luft liegt … Etwas verändert sich.“

Allerdings muss hier eine Einschränkung gemacht werden. Das moralische und politische Versagen war weniger ein Versagen der „internationalen Gemeinschaft“ als vielmehr ein Versagen der „regelbasierten Ordnung“, die diese Gräueltaten vor den Augen der Weltöffentlichkeit verursacht und entschuldigt hat – auch wenn das viele, die sich jetzt zu Wort melden, nicht wahrhaben wollen. Das muss gesagt werden, denn es ist dieselbe „regelbasierte Ordnung“, die für den Tod vieler hunderttausend weiterer Menschen auf den Schlachtfeldern der Ukraine verantwortlich ist – ein weiterer unnötiger Konflikt, der durch das bewusst falsche Narrativ von der „Verteidigung der Demokratie“ am Leben erhalten wird. Während sich am vergangenen Wochenende vier dümmliche europäische Staats- und Regierungschefs in Kiew versammelten, um dem russischen Präsidenten Wladimir Putin die Leviten zu lesen, empfing Putin selbst 29 Staatschefs in Moskau aus einem wirklich ernsten Anlass – dem 80. Jahrestag der Niederlage des Faschismus in Europa. Die Welt wartet nun auf die Ergebnisse der Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland am 15. Mai in Istanbul, trotz der Störversuche dieser gescheiterten europäischen Staats- und Regierungschefs.

Tatsächlich hat die wahre Natur dieser „regelbasierten Ordnung“ dazu beigetragen, dass am 13. Mai in Peking ein äußerst erfolgreiches Gipfeltreffen stattgefunden hat, bei dem nicht nur die politischen und militärischen Versäumnisse der Nach-Bretton-Woods-Ordnung, sondern auch das wirtschaftliche Versagen des Westens angeprangert wurden. Im Anschluss an die Feierlichkeiten am 9. Mai in Moskau, an denen zahlreiche Staatschefs teilnahmen, kam die China-CELAC (Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten) in China zusammen, um einen vom Westen geächteten Entwicklungsweg festzulegen. Der brasilianische Präsident Lula verteidigte Chinas Methode, in groß angelegte Infrastrukturprojekte und die industrielle Entwicklung zu investieren, und betonte: „Wir brauchen keine Exportvektoren, sondern Entwicklungswege.“

Der demonstrative Besuch von Präsident Trump in Saudi-Arabien könnte in der Tat einige Prozesse in Südwestasien neu definieren, nicht zuletzt die Eindämmung der schamlosen Zerstörungswut Israels. Sein Besuch ist jedoch selbst ein Spiegelbild dieses umfassenderen Prozesses und wird ihn niemals ersetzen können. Xi Jinping hat während seines bilateralen Gipfeltreffens mit Lula eine viel höhere und wahrere Vision der Beziehungen zwischen China und Brasilien zum Ausdruck gebracht: „Wir werden unserem ursprünglichen Bestreben treu bleiben, Verantwortung für den Fortschritt der Menschheit und die globale Entwicklung zu übernehmen.“

Deshalb ist es mehr als dringend, dass der Völkermord in Gaza gestoppt, ein souveräner Staat Palästina gegründet und Gaza wieder aufgebaut wird. Aber die Menschheit muss sich fragen: Wie kann den Palästinensern Gerechtigkeit widerfahren? Wie kann dieser Horror wieder gut gemacht werden? In der Geschichte wird man sicherlich zurückblicken und diejenigen verurteilen, die dies zugelassen haben – auch diejenigen, die bewusst weggeschaut haben. Aber die süßeste Gerechtigkeit kommt aus der Zukunft. Die Schaffung einer neuen Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur mit einer Perspektive für mindestens die nächsten 500 Jahre einer sich entwickelnden und prosperierenden Menschheit bietet die einzig angemessene Grundlage für die Wiedergutmachung eines Völkermordes – und für eine menschenwürdige Zukunft der Region.

Der bevorstehende UNO-Gipfel zu Palästina vom 2. bis 4. Juni in New York ist eine erste Gelegenheit dazu. Der LaRouche-Oasenplan für Südwestasien und die Zehn Prinzipien von Helga Zepp-LaRouche sind die notwendigen Zutaten, um diesen ungewissen Moment in der Geschichte in eine neue Ära für die Welt zu verwandeln.


Inhalt

STRATEGISCHE KRIEGSGEFAHR

  • Haaretz: „Israel muss den von Trump geworfenen Rettungsring ergreifen und den Krieg beenden“
  • Tony Blair wird Berater von Steve Witkoff

ZUSAMMENBRECHENDES IMPERIALES SYSTEM

  • Gaza steuert auf Hungersnot zu
  • USA und Israel planen gefährlichen „Hilfsverteilungsplan“
  • Immer mehr Politiker müssen zugeben, dass Israel in Gaza Völkermord begeht
  • Schließung des Kölner Ford-Werks möglich
  • Stahlproduktion in Deutschland wird voraussichtlich schrumpfen

USA UND KANADA

  • Trump unterzeichnet in Saudi-Arabien wichtige Abkommen

NEUES PARADIGMA

  • Die Freundschaft zwischen China und Brasilien „war noch nie so gut“

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