Botschafter Chas Freeman: Nicht Krieg, sondern eine vernünftige Regierung

Botschafter Chas Freeman: Nicht Krieg, sondern eine vernünftige Regierung
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Der frühere US-Botschafter Chas Freeman, der so viel über die Beziehungen der USA zu China weiß wie kein anderer lebender Diplomat, gab der Berliner Zeitung am 15. Dezember ein Interview, worin er die Wahrheit sagte, „wie er sie sieht“. „Wir haben die Chinesen dazu angeregt, ihre Wissenschaft und Technik zu verbessern, Handelsbeziehungen mit dem Globalen Süden auszubauen, wir haben sie in die Arme der Russen getrieben und wir bringen sie dazu, Bündnisse im Nahen Osten zu schmieden, die den amerikanischen Einfluss in der Region zurückdrängen.“

Noch wichtiger war, was er über Russland und die Ukraine sagte: Für eine Deeskalation des Ukraine-Krieges müssten sich Kiew und Moskau auf den Grenzverlauf einigen und den Minderheiten in der Ukraine das Recht eingeräumt werden, ihre eigene Sprache und Kultur pflegen zu dürfen. „Dieses Recht wird von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) garantiert und war auch im österreichischen Staatsvertrag von 1955 verankert. Eine neutrale Ukraine, die unabhängig, wohlhabend und demokratisch wäre und sowohl als Puffer als auch als Brücke zwischen Russland und dem Rest Europas fungieren würde, wäre ein wichtiges Ziel, auf das es hinzuarbeiten gilt.“

Die gestrige Ermordung von Generalleutnant Igor Kirillow, dem Chef der russischen ABC-Abwehrtruppen in Moskau, durch die Ukraine muss hingegen als die jüngste Episode im ständig eskalierenden Konflikt zwischen der NATO und Russland betrachtet werden. „Ein hochrangiger General der russischen Streitkräfte und sein Adjutant wurden in Moskau vom ukrainischen Sicherheitsdienst getötet, wie eine ukrainische Quelle der BBC mitteilte.“ Obwohl der ukrainische Sicherheitsdienst SBU Kirillow laut BBC als „verantwortlich für den massiven Einsatz verbotener chemischer Waffen“ bezeichnete, dürfte die Sorge des Dienstes – und der NATO – ganz anderswo gelegen haben.

Kirillow, eine prominente Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, wurde im Westen bekannt, weil er in den ersten Monaten des Krieges berichtete, dass die NATO und die USA überall in der Ukraine Biowaffenlabors betreiben würden. In einer Pressekonferenz am 17. März 2022 präsentierte Kirillow unumstoßliche Beweise dafür, dass „ohne Zweifel … in der Ukraine unter direkter Beteiligung und Finanzierung der Vereinigten Staaten Komponenten für biologische Waffen hergestellt werden.“

Kirillows Bedeutung mag für diejenigen von besonderem Interesse gewesen sein, die sich jetzt aus verschiedenen Blickwinkeln erneut mit der Geschichte der chemischen Angriffe in Syrien im Jahr 2013 befassen, einem Land, das im Bericht der RAND Corporation von 2019 mit dem Titel „Extending Syria: Competing from Advantageous Ground“ als sekundärer Schauplatz militärisch-strategischer Operationen gegen Russland bezeichnet wurde.

Syrien wird derzeit in Anlehnung an ähnliche Ereignisse vor 100 Jahren in einem „Großen Spiel“ zerstückelt. Genau davor hat der stellvertretende russische Außenminister Sergej Rjabkow Benjamin Netanjahu, Premierminister von „Groß-Israel“, gewarnt: „Ich möchte einige Hitzköpfe in West-Jerusalem davor warnen, sich an den Möglichkeiten zu berauschen.“

Natürlich kann es kein Great Game ohne die führende Rolle der Briten geben. Nun hat sich ein weiteres Mitglied der britischen Powell-Familie über dieses Thema ausgelassen. Hugh Powell, der 2013 stellvertretender nationaler Sicherheitsberater des damaligen Premierministers David Cameron war (und von einer britischen Publikation als „Spross der größten britischen Diplomatenfamilie“ bezeichnet wurde), behauptet, dass die Zerschlagung Syriens bereits vor elf Jahren hätte erfolgen sollen.

„2013 war eine Gelegenheit, (Syrien) zu zerschlagen, lange bevor die Hisbollah und Russland dem Land zu Hilfe kamen,“ sagte Powell kürzlich in einem Podcast. „Und mit Assad weg hatten wir eine gute Chance, eine Regierung der Machtteilung in Damaskus zu etablieren, die die verdeckte Ausbreitung von ISIS hätte verhindern können.“ Natürlich vergaß Powell in seinen Bemerkungen über 2013 zu erwähnen, dass angloamerikanische Geheimdienste selbst ISIS finanzierten, wie Seymour Hersh 2007 in seinem New Yorker-Artikel „The Redirection“ (Die Neuausrichtung) berichtete.

Was wir hören, wenn die Powells sprechen, ist die Stimme der „Kontinuität imperialen Regierens“. Dies ist die Art und Weise, wie die britische – und die meiste amerikanische – Außenpolitik, insbesondere in Südwestasien, seit den 1970er Jahren gestaltet wurde. Als Zbigniew Brzezinski von der Trilateralen Kommission 1977-81 das Amt des Nationalen Sicherheitsberaters in der Regierung Jimmy Carters übernahm, wurde der „Bernard-Lewis-Plan“ der britischen Krone umgesetzt, der für naive amerikanische Ohren in „Brzezinskis Politik der islamischen Fundamentalismus-Karte“ umbenannt wurde. Der Krieg in Afghanistan gegen Russland 1979, der Iran-Irak-Krieg 1988, die Operation „Desert Shield/Storm“ 1990-91 und all die anderen Kriege, die folgten, waren alle Teil des „Great Game“, des „Grossen Schachbretts“, wie Brzezinski es immer originell nannte. Alles läuft auf Krieg gegen Russland und Asien, insbesondere China, hinaus.

Aber wir leben nicht mehr in den 1970er, 80er oder 90er Jahren oder zu Beginn des 21. Jahrhunderts. China, Russland, Indien und viele andere Nationen sind heute nicht mehr das, was sie damals waren. Der Kolonialismus ist vorbei, so oder so. Und während die Welt Zeuge öffentlicher Zerwürfnisse im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf wird und der Krieg trotz der Vorbehalte der neuen Trump-Regierung von Tag zu Tag eskaliert, müssen wir alles daran setzen, dass Amerika, das jetzt Russland mit Langstreckenraketen angreift, wieder vernünftig regiert wird – und das nicht erst am 20. Januar.

Botschafter Freeman, der auch auf der jüngsten Konferenz des Schiller-Instituts am 7.- 8. Dezember sprach und die Initiative von Helga Zepp-LaRouche für eine neue Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur unterstützt, zeigt, was alle Amerikaner tun können, um ihrem Land und der Welt zu Hilfe zu kommen.


Inhalt

STRATEGISCHE KRIEGSGEFAHR

  • Chas Freeman im Interview mit der Berliner Zeitung
  • Russischer General Kirillow in Moskau ermordet
  • Tucker Carlson interviewt Jeffrey Sachs
  • Rjabkow warnt israelische „Hitzköpfe“ auf dem Golan

ZUSAMMENBRECHENDES IMPERIALES SYSTEM

  • Der Vorsitzende von Yoons Partei tritt zurück
  • Londons Polizeichef droht Elon Musk
  • Destabilisierung des neuen BRICS-Partners Bolivien verschärft sich

AUS WISSENSCHAFT UND TECHNIK

  • NASA-Teleskop Hubble: Sonne beeinflusst das Klima, nicht der Mensch oder die Jahreszeiten

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