Der Sturz Syriens zeigt, warum die britische Geopolitik beendet werden muss

Der Sturz Syriens zeigt, warum die britische Geopolitik beendet werden muss
Photo by Rafael Garcin / Unsplash

Die dramatischen Ereignisse der letzten Tage haben gezeigt, dass sich die Welt immer noch nicht von dem verheerenden geopolitischen Denken Großbritanniens befreit hat. Ein bekannter Autor zitierte kürzlich Winston Churchill aus dem Jahr 1929: „Die Geschichte der Menschheit ist Krieg. Abgesehen von kurzen und unsicheren Zwischenspielen hat es auf der Welt noch nie Frieden gegeben, und noch bevor die Geschichte überhaupt begann, war der mörderische Streit universell und endlos.“ Der Sturz der syrischen Regierung und die gewaltsame Machtübernahme durch gut bewaffnete und ausgebildete „reformierte Terroristen“ überraschte die Welt und war ein Schlag gegen die universelle Gerechtigkeit. Die gegenwärtigen Versuche Israels, das Machtvakuum in Syrien auszunutzen, sind beispiellos und zeigen, in welche Richtung einige Kräfte diese Krise lenken wollen. Auch wenn die Einzelheiten der Eskalation der Ereignisse in den letzten Tagen noch im Dunkeln liegen, kann ein aufmerksamer Beobachter die Absicht dahinter nicht übersehen. Zweifellos winkt den Planern Winston Churchill aus seinem Grab in der Hölle zu. Israel hat bereits damit begonnen, syrisches Territorium zu besetzen, und Premierminister Netanjahu verkündete triumphierend: „Wir verändern das Gesicht des Nahen Ostens.“ Darüber hinaus hat Israel Hunderte von Luftangriffen auf Syrien gestartet, die auf die Zerstörung eines Großteils der militärischen und wissenschaftlichen Infrastruktur des Landes abzielen, darunter Häfen, Flugplätze und Forschungseinrichtungen. So soll effektiv dafür gesorgt werden, dass Syrien nie wieder eine fortschrittliche oder souveräne Nation sein wird. Diese offenkundig illegalen Schritte, die zweifellos den Segen der Vereinigten Staaten haben, stehen somit im Einklang mit den langjährigen Plänen der Neocons, die diese Region als Spielwiese für ihre globalen geopolitischen Spiele betrachten. Es ist nützlich, sich an einen der Urväter der neokonservativen Bewegung, Bernard Lewis, zu erinnern, der 1992 in einem Artikel in Foreign Affairsschrieb: „Die meisten Staaten des Nahen Ostens sind neu und künstlich aufgebaut und anfällig für einen solchen Prozess. Wenn die Zentralmacht ausreichend geschwächt ist, gibt es keine echte Zivilgesellschaft, die das Gemeinwesen zusammenhält, kein echtes Gefühl einer gemeinsamen nationalen Identität oder eine übergeordnete Loyalität gegenüber dem Nationalstaat. Der Staat zerfällt dann – wie im Libanon geschehen – in ein Chaos aus sich streitenden, verfeindeten, kämpfenden Sekten, Stämmen, Regionen und Parteien.“ Auf diese Weise werden Nationen zu Schachfiguren für größere imperiale Motive. Genau das ist seit mehr als einem Jahrzehnt die Strategie westlicher Geopolitiker gegenüber Syrien – trotz gegenteiliger Lügen über den Schutz von „Menschenrechten“ und „inklusiven politischen Prozessen“. Nachdem der Westen und insbesondere die USA Al-Qaida und verwandte Gruppen bewaffnet und unterstützt hatten, um Assad zu stürzen – ein Ansatz, der Syrien zwar schwächte, aber letztlich scheiterte –, wurden brutale Sanktionen gegen das Land verhängt, um es in die Knie zu zwingen. Diejenigen, die nicht durch die Kämpfe getötet oder vertrieben wurden, wurden mit Sicherheit durch die Sanktionen geschwächt oder vertrieben. Seit dem vom Westen angezettelten Krieg gegen Assad im Jahr 2011 und der Umsetzung der EU- und US-Sanktionen ist die Stromerzeugung in Syrien um 63 Prozent und der Pro-Kopf-Stromverbrauch um 85 Prozent gesunken; die Produktion von sauberem Wasser ist um 40 Prozent und der Wert des syrischen Pfunds um 98 Prozent gefallen. Wenn man dazu noch bedenkt, dass 90 Prozent der verbliebenen Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben und 80 Prozent von ihnen von Ernährungsunsicherheit betroffen sind, wird deutlich, dass dies und nicht Assad ein wesentlicher Faktor für den letztendlichen Sturz Syriens war. Diese Entwicklung ist jedoch nur zu verstehen, wenn man sie im Kontext der allgemeinen Weltlage betrachtet. Der jüngste „Regimewechsel“ zielt nicht auf das Syrien von Baschar al-Assad oder gar den Iran. Vielmehr zielt er auf das für den Westen bedrohliche neue Paradigma souveräner Nationen, das von den BRICS-Staaten und ihren Anhängern in der globalen Mehrheit vertreten wird – ein Paradigma, mit dem versucht wird, das Schreckgespenst von Leuten wie Winston Churchill und Bernard Lewis zu vertreiben und stattdessen eine Alternative zu Krieg und Geopolitik zu etablieren. Der Sturz Syriens ist zweifellos ein Schlag – und trifft die Menschen in Syrien, im Libanon und in Palästina am härtesten –, aber er kann den weltweiten Transformationsprozess nicht aufhalten, der sich unumkehrbar vom sterbenden angloamerikanischen System wegbewegt. Allerdings ergibt sich eine noch erschreckendere Erkenntnis, wenn man bedenkt, dass sich derselbe selbstmörderische Wahnsinn, der sich in Syrien zeigte, auch gegen die viel größeren „Rivalen“ Russland und China richtet, der, wenn er nicht gestoppt wird, die Welt schnell in eine globale Auslöschung führen könnte. Deshalb muß es unser Hauptanliegen sein, die Eskalation zu einem thermonuklearen Krieg zu stoppen. Die Äußerungen von US-Konteradmiral Thomas Buchanan von STRATCOM am 20. November sollten Warnung genug sein.


Inhalt

ZUSAMMENBRECHENDES IMPERIALES SYSTEM

  • Westliche Caesar-Sanktionen haben Syrien ausgehöhlt und Assads Sturz erleichtert
  • Israelische Bomben gegen „strategische Waffen“ in Syrien
  • Israel besetzt syrisches Gebiet auf dem Golan
  • China reagiert auf US-Exportkontrollen und Sanktionen mit eigenen Exportkontrollen
  • Entlassungen bei deutschen Automobilzulieferern

STRATEGISCHE KRIEGSGEFAHR

  • Dmitri Trenin: „Warum Trump Putin gleich am ersten Tag anrufen muss“
  • Merz bekräftigt seine Bereitschaft für Taurus-Lieferungen an die Ukraine
  • Toloraja: Chaos in Südkorea

WISSENSCHAFT UND TECHNOLOGIE

  • China entdeckt einen Prozess, der die Stahlherstellung revolutioniert

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