Kanonenbootdiplomatie oder Gemeinwohl?
Am 11. November nahm die USS Gerald Ford, der größte Flugzeugträger der USA, ihren Kurs von der Küste Afrikas in Richtung Karibik wieder auf und passierte offiziell die Zuständigkeitszone des Southern Command, die sich bis in den Atlantik in der Nähe der Kapverdischen Inseln erstreckt. Das größte militärische Aufgebot seit Jahrzehnten scheint nun auf die Küste Venezuelas zuzusteuern und droht eine neue Ära von Regimewechselkriegen einzuläuten – diesmal auf dem amerikanischen Kontinent. Die Bewegungen des Flugzeugträgers erfolgen nur zwei Tage nach den jüngsten amerikanischen Luftangriffen auf mutmaßliche Drogenboote, wodurch sich die Gesamtzahl auf 19 Angriffe mit mindestens 75 Todesopfern erhöht, ohne dass es zu einer einzigen strafrechtlichen Verfolgung gekommen wäre. Wie die Veteran Intelligence Professionals for Sanity in ihrem Memo an Präsident Donald Trump vom 5. November feststellten, würde bereits ein geringfügiger Angriff auf eines der amerikanischen Schiffe eine unkontrollierbare Eskalationsspirale auslösen und die USA in ein unumkehrbares Gewaltszenario hineinziehen. Einer der prominenten Unterzeichner des VIPS-Memos, Graham Fuller, ging in einem Exklusivinterview mit EIR News am 8. November näher auf die damit verbundenen strategischen Gefahren ein.
Es gibt auch immer mehr Anzeichen dafür, dass die amerikanische Regierung versucht, eine Anti-Lula- und Anti-BRICS-Koalition in der westlichen Hemisphäre zu schmieden, um jegliche Zusammenarbeit mit China und dessen Belt-and-Road-Initiative zu verhindern. Genau davor hat EIR bereits zu Beginn der Venezuela-Krise gewarnt. Es gibt nun Presseberichte, wonach US-Außenminister Marco Rubio den argentinischen Präsidenten Javier Milei angewiesen hat, eine solche rechte Koalition in der Region zu organisieren. Mit der kürzlichen Wahl von Rodrigo Paz Pereira zum Präsidenten Boliviens glauben diese externen Akteure, dass sie einen Bruch innerhalb Boliviens und einiger seiner Nachbarländer, die enge Beziehungen zu China und den BRICS-Staaten unterhalten, erzwingen können, und denken vielleicht sogar, dass sie sich den Mineralreichtum dieser Länder zunutze machen können.
Ohne seine imperialen Ambitionen zu verbergen, schlägt ein Artikel im Londoner Telegraph vor, dass Trump den großen Schlag gegen Venezuela wagen sollte. Der Autor Matthew Lynn merkt zwar an, dass es abzuwarten bleibe, ob Trump den kompletten „Regimewechsel“ gegen Präsident Maduro einleiten werde, schlägt jedoch Folgendes vor: „Venezuela verfügt über die größten Ölreserven der Welt und exportiert dennoch fast nichts. Wenn all dieses Öl auf den Markt gebracht würde, würde der Preis einbrechen, was die Wirtschaft Russlands und möglicherweise auch Saudi-Arabiens zerstören und die Kosten für alle anderen drastisch senken würde.“
Trump sollte jedoch gewarnt sein, dass diese Art imperialer Hybris zwar kurzfristig zu Siegen führen mag, aber letztendlich Zivilisationen in ihren selbstverschuldeten Untergang treibt. Nehmen wir das Beispiel Europa, das die wirtschaftliche Last des angloamerikanischen Versuchs, Russland in der Ukraine strategisch zu besiegen, zu tragen hat. Während die Ukraine zunehmend auf einen katastrophalen Zusammenbruch zusteuert, treiben die NATO und die europäischen Länder ihre Pläne für einen langfristigen Krieg gegen Russland immer weiter voran, ohne einen Friedensplan zu haben. Deutschland, das bereits in seiner schlimmsten Wirtschaftskrise der jüngeren Geschichte steckt und massive Sparmaßnahmen gegen die schwächsten Bürger plant, diskutiert darüber, welche Art von Wehrpflicht für einen imaginären Krieg gegen Russland eingeführt werden soll. Und inmitten der vorhersehbaren öffentlichen Empörung über diesen Schritt erklärte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius kürzlich: ob es einem gefalle oder nicht, die Wehrpflicht müsse kommen, und sie werde kommen.
Wie Helga Zepp-LaRouche betont hat, war es Kardinal Nikolaus von Kues, der Denker aus dem 15. Jahrhundert, der den Grundsatz aufstellte, dass eine Regierung ihre Autorität nur aus ihrem Einsatz für das Gemeinwohl ziehen könne. „Da alle von Natur aus frei sind,” schreibt Cusa in seiner Schrift Concordantia Catholica, „kann jede Herrschaft … nur aus der Übereinstimmung und Zustimmung der Untertanen hervorgehen. Denn wenn die Menschen von Natur aus gleich mächtig und gleich frei sind, kann die wahre, ordnungsgemäße Autorität eines gemeinsamen Herrschers, der ihnen an Macht gleich ist, nur durch die Wahl und Zustimmung der anderen begründet werden.“
Aus dieser Perspektive muss die britische Geopolitik, die nach wie vor in den Köpfen westlicher Staats- und Regierungschefs spukt, überwunden werden. Das Gemeinwohl ist weder eine utopische Idee in irgendwelchen alten Büchern, noch ist es „relativ“ und hängt von der Sichtweise des Betrachters ab. Es ist ein erwiesenes Prinzip der Staatskunst, das sowohl von Bürgern als auch von Regierungen umgesetzt werden kann. Nur durch diesen Ansatz werden die westlichen Nationen ihre Identität wiederentdecken und in der Lage sein, die Welt endgültig von der Krankheit des Oligarchismus zu befreien.
Verfolgen Sie dazu auch Helga Zepp-LaRouches Live-Webcast heute um 18:30 Uhr „Was Sie schon immer über Staatsführung lernen wollten“
Inhalt
NEUES PARADIGMA
- Europa am Scheideweg: EU-Think-Tank deutet möglichen Wandel in Europa an
STRATEGISCHE KRIEGSGEFAHR
- US-Flugzeugträger trifft im Gebiet des US-Südkommandos ein
- Ein bescheidener britischer Vorschlag: Trump sollte sich Venezuelas Öl aneignen … um Putin zu besiegen!
- Pistorius: Ob man die Wehrpflicht will oder nicht, sie wird kommen
- Ungarns Außenminister: Das Baltikum könnte Brennpunkt für NATO-Russland-Krieg werden
- Britische Streitkräfte üben in Estland, russische Schiffe abzufangen
- Russland weiter im Unklaren über die Haltung der USA zu Atomtests
ZUSAMMENBRECHENDES IMPERIALES SYSTEM
- US-Senat verabschiedet Resolution zur Wiederaufnahme der Regierungsgeschäfte
- Rubio will Bolivien zu einem geopolitischen Schlachtfeld gegen Brasilien und die BRICS-Staaten machen
- Trump trifft Syriens Machthaber Sharaa im Weißen Haus
DEUTSCHLAND
- Wagenknecht tritt als Parteivorsitzende zurück und wird sich auf programmatische Fragen konzentrieren
- Kasseler Friedensratschlag: Make peace, not war!