Eine „neue Denkweise“ für eine Welt im Umbruch
Inmitten von scheinbarem Chaos und Schwankungen in alle Richtungen, wo praktisch nichts mit Sicherheit gesagt werden kann, steht eines fest: Eine neue Welt entsteht, und diese neue Welt braucht ein neues Organisationsprinzip, wenn sie eine Katastrophe in der turbulenten Umbruchszeit vermeiden will. Ein typisches Beispiel sind die Nachrichten über den amerikanischen Friedensvorschlag für die Ukraine. US-Außenminister Marco Rubio traf sich am 23. November in der Schweiz mit Andrij Jermak, dem Chefberater des ukrainischen Präsidenten, und sprach vom „produktivsten Tag, den wir seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump hatten“. Ob die US-Beamten wirklich die unangenehmen Wahrheiten ansprechen wollen, die für eine Einigung notwendig sind, ist nicht bekannt. Fest steht jedoch: Da Russland faktisch die kollektive Anstrengung der NATO besiegt hat, und es das „liberale“ Europa ist, das sich jetzt, da Frieden in Sicht ist, hartnäckig für eine Fortsetzung des Krieges einsetzt, haben diese Verfechter der sogenannten „regelbasierten Ordnung“ den letzten Anschein von Seriosität verloren.
Wenn die Weltordnung durch Entwicklungen wie diese aus den Fugen gerät, entstehen einerseits Möglichkeiten für positive Veränderungen, andererseits schnell aber auch neue erschreckende Gefahren. Zusätzlich zu Europas Aufrüstung für einen Krieg gegen Russland zeigt in Asien die neue japanische Regierung eine beispiellos aggressive Haltung gegenüber China. Am 23. November kündigte Japans Verteidigungsminister an, sein Land werde Mittelstreckenraketen auf Yonaguni stationieren, der japanischen Insel, die Taiwan am nächsten liegt. Dies folgt auf die anti-chinesische Rhetorik von Ministerpräsidentin Sanae Takaichi und ihre Ankündigung, Japans militärische Präsenz in der Region zu verstärken.
Gleichzeitig ziehen sich um Venezuela die Sturmwolken zusammen. Reuters berichtet, die USA bereiteten eine neue Phase der Operationen vor, wenn am Montag, dem 24. November, das angebliche Drogenkartell „Cartel de los Soles“ als ausländische terroristische Organisation eingestuft wird. Kriegsminister Hegseth sagte letzte Woche, die Einstufung als terroristische Organisation „eröffnet den Vereinigten Staaten eine ganze Reihe neuer Optionen“. Es gibt Anzeichen dafür, dass bereits eine Seeblockade um Venezuela begonnen hat, und Berichten zufolge haben sechs Fluggesellschaften ihre Flüge in das Land eingestellt.
Es wäre aber voreilig oder zynisch, anzunehmen, die Vereinigten Staaten würden automatisch immer und überall die neokoloniale, imperiale Seite vertreten. Damit ignoriert man die gezielten Manöver derjenigen, die verzweifelt eine solche imperiale Ordnung aufrechterhalten wollen – wie Rubio, der seit Jahren auf einen Regimewechsel in Venezuela drängt und Trump trotz aller gegenteiligen Wahlversprechen zu einem Regimewechselkrieg überreden will. Oder der Aufruf an Japan und Deutschland in Foreign Affairs, eigene Atomwaffen zu besitzen, um „die globale Ordnung zu stärken“.
Der stellvertretende russische Außenminister Sergej Rjabkow bekräftigte in einem Interview am 22. November: „Die Trump-Regierung gehört zu den wenigen unserer westlichen Gesprächspartner – und sogar Gegner –, die die Berechtigung unserer Bedenken hinsichtlich der zugrunde liegenden Ursachen anerkennen … Es ist wichtig, dass die Trump-Regierung bereit ist, diese Fragen zu berücksichtigen, im Gegensatz zu vielen in Europa, die in ihrer antirussischen Blindheit diesen Ansatz einfach ablehnen und das Offensichtliche ignorieren.“
Was in der heutigen Krise fehlt, ist eine „andere Denkweise“, wie Helga Zepp-LaRouche letzte Woche in der Diskussionsrunde von EIR über eine alternative Politik für Venezuela erklärte. Sie verwies darauf, dass Präsident Trump beispielsweise trotz der Spannungen mit Russland Interesse an der Erschließung der Arktis in Zusammenarbeit mit Russland zeigt. Wenn dieser Impuls gefördert würde, wäre es nur natürlich, dass die Menschheit schließlich moderne Verkehrs- und Infrastrukturverbindungen rund um die ganze Welt ausbauen würde, vom Kap der Guten Hoffnung in Südafrika bis nach Feuerland an der Spitze Südamerikas – vorausgesetzt, die Menschheit sprenge sich nicht vorher in einem Atomkrieg selbst in die Luft.
Die neoliberale Weltordnung bricht zusammen – politisch, moralisch und finanziell, zusammen mit ihren KI- und Kryptowährungs-Blasen. Eine neue Entwicklungs- und Sicherheitsarchitektur, die gleichermaßen die Interessen aller Nationen berücksichtigt, muss zum Organisationsprinzip für die neue Ära werden, wenn wir dem gefährlichen Chaos, das sich heute abzeichnet, entkommen wollen.
Inhalt
STRATEGISCHE KRIEGSGEFAHR
- Eskalation um Venezuela, Trump erwägt militärische Maßnahmen
- Japan plant Stationierung von Mittelstreckenraketen auf einer Insel nahe Taiwan
- Russischer Vize-Außenminister spricht über westlichen Überlegenheitswahn und Chancen für Diplomatie
ZUSAMMENBRECHENDES IMPERIALES SYSTEM
- Friedensgespräche von amerikanischen, ukrainischen und europäischen Vertretern in der Schweiz – Rubio sieht Fortschritte
- Panisches Treffen westlicher Regierungen beim G20-Gipfel zum Ukraine-Friedensabkommen
- USA widerrufen Visum der früheren südafrikanischen Außenministerin Pandor
- Israel bricht erneut den Waffenstillstand in Gaza
NEUES PARADIGMA
- Ramaphosa zu Trumps Boykott des G20-Gipfels: „Wir lassen uns nicht einschüchtern!“
- Ramaphosa beruft sich beim G20-Sozialgipfel auf den Geist von Bandung