Das Ozymandias-Prinzip

Die Lösung der schweren existenziellen Krise, die den Westen derzeit heimsucht – selbst wenn die Nationen des Globalen Südens und des Globalen Ostens, die bei weitem die Mehrheit der Menschheit stellen, einen anderen Weg der unteilbaren Sicherheit und Entwicklung für alle beschreiten – erfordert ein tieferes Verständnis unserer axiomatischen Schwächen, als normalerweise diskutiert wird. Wir können dies als das „Ozymandias-Prinzip“ bezeichnen, angelehnt an Percy Shelleys Gedicht „Ozymandias“ aus dem Jahr 1818.
Einst traf ich einen Wanderer aus altem Land,
der sprach: Ich sah zwei Beine, groß, aus Stein
in einer Wüste stehn… und in dem Sand,
schon halb versunken lag ein Haupt, das hatte so ein
Stirnrunzeln, das man vom Kommandieren bekommt.
Wer dieses Bildnis schuf, der konnte Leidenschaft
erkennen und sie im Marmor konservieren:
die herrscherliche Hand, die täuscht und alles an sich reißt.
Und auf dem Sockel stand in alter Schrift:
„Ich heiße Ozymandias, und ich bin der Herr der Welt.
Niemanden gibt es, der mich je übertrifft.“
Nichts weiter blieb. Um den Zerfall
dieses großen Wracks herum sieht man,
soweit das Auge reicht, nur Wüste überall.
Es geht nicht nur um die Möchtegern-Ozymandias von heute; es geht auch nicht um die Leviathane, die der satanische Thomas Hobbes losschicken wollte, um uns in Schach zu halten, denn laut ihm ist „der Mensch des Menschen Wolf“; es geht auch nicht um das bankrotte transatlantische System, das durch sie spricht und regiert; und es geht auch nicht um die Konzentrationslager im Gazastreifen, über die Israels Benjamin Netanjahu und Präsident Donald Trump im Weißen Haus gesprochen haben sollen.
All das ist natürlich zum Scheitern verurteilt, denn es verstößt gegen das Naturrecht, wenn man glaubt, das Universum könne den Launen eines Tyrannen gehorchen.
Aber hinter „dem grossen Wrack“, von dem Shelley spricht, steckt mehr, als man auf den ersten Blick sieht.
Lyndon LaRouche hat es in einem Artikel vom 23. August 2002 mit dem Titel „Sonderbericht: Wissenschaft und Infrastruktur“ folgendermaßen ausgedrückt:
„Im Frieden wie im Krieg verbinden sich die Gesetze und Sitten einer Gesellschaft in ihrer Wirkung zu dem, was Wissenschaftler ein System nennen, so wie eine bestimmte Form der mathematischen Physik ein System ist. Unter ‚einem System‘ sollten wir etwas verstehen, das mit Euklids ‚Elementen‘, seinen dreizehn Büchern der Geometrie, vergleichbar ist. Ein solches System basiert auf einem annähernd festen Satz von Definitionen, Axiomen und Postulaten. Es wird durch eine Ansammlung von Theoremen und damit zusammenhängenden Impedimenten vervollständigt, von denen man annimmt, dass sie alle nicht im Widerspruch zu den Definitionen, Axiomen und Postulaten stehen. Die gesammelte Volksmeinung weist beispielsweise viele der charakteristischen Merkmale eines solchen Systems auf. Die Kultur von Belsazars Babylon war beispielsweise ein solches System, wenn auch nur annähernd. Der Gedanke eines solchen Systems ist die Pointe von Percy Shelleys Gedicht ,Ozymandias’.“
Die BRICS-Staaten, die sich am 6. und 7. Juli in Rio de Janeiro trafen, haben beschlossen, das westliche System aus fehlerhaften „Gesetzen und Bräuchen“ zu ersetzen, das sich in 500 Jahren kolonialer Praxis durchgesetzt und den globalen Süden in den wirtschaftlichen Ruin getrieben hat. Auf die Drohung von Präsident Trump, „jedes Land, das sich der antiamerikanischen Politik der BRICS-Staaten anschließt“, mit zusätzlichen Zöllen in Höhe von 10 Prozent zu belegen, antwortete der brasilianische Präsident Lula, der Gastgeber des diesjährigen BRICS-Gipfels: „Es ist nicht richtig, dass ein Präsident eines Landes von der Größe der Vereinigten Staaten der Welt online… droht. Die Welt hat sich verändert. Wir wollen keinen Imperator. Wir sind souveräne Länder.“ Cyril Ramaphosa, der Präsident Südafrikas – wie Brasilien ein Gründungsmitglied der BRICS – kritisierte diejenigen, „die sich an denen rächen wollen, die in der Welt Gutes tun“. Und Luis Arce, Präsident von Bolivien, einer neuen Partnernation in den BRICS, erklärte: „Es gibt einen klaren Kampf zwischen dem alten stagnierenden Block der USA und Europa auf der einen Seite und dem aufstrebenden Block der BRICS-Länder auf der anderen.“
Zu den Vereinbarungen, die auf dem BRICS-Gipfel getroffen wurden, gehört eine „Partnerschaft für die Beseitigung sozial bedingter Krankheiten“, die auf dem Grundsatz beruht, dass „Gesundheit ein grundlegendes Menschenrecht ist“. Dieses Menschenrecht soll erfüllt werden, indem „die sanitären Einrichtungen und die Wohnverhältnisse verbessert, Unterernährung und Armut bekämpft und innovative Technologien eingesetzt werden.“
Ist das „antiamerikanisch“?
Es sind eher Ozymandias, Leviathan und Thomas Hobbes, die diese Bezeichnung verdienen. Denn die Wissenschaft hat uns gezeigt: “Der Mensch ist nicht des Menschen Wolf“, wie auf der internationalen Konferenz des Schiller-Instituts am 12. und 13. Juli in Berlin erneut bewiesen werden wird.
Inhalt
NEUES PARADIGMA
- BRICS-Führer reagieren auf Trumps Androhung von Strafzöllen
- BRICS übernehmen ‚globale Führungsrolle‘ bei der Beseitigung von Armutskrankheiten und Ungleichheit
- Der bolivianische Präsident Arce erläutert den Zusammenhang zwischen dem kollabierenden System und Krieg
ZUSAMMENBRECHENDES IMPERIALES SYSTEM
- Trump unterstützt den in Ungnade gefallenen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro und fordert ein Ende der Prozesse gegen ihn
- Deutsche Exporte im zweiten Monat rückläufig
- Bundeshaushalt: Überall Kürzungen, aber Erhöhungen im Verteidigungsbereich
- Europäisches Parlament: Mißtrauensvotum gegen Von der Leyen
STRATEGISCHE KRIEGSGEFAHR
- Kriegsverbrecher Netanjahu schlägt Trump für den Friedensnobelpreis vor
- Trump und Netanjahu sprechen über Massenausweisungen aus dem Gazastreifen
- USA wollen Waffenlieferungen an die Ukraine wieder aufnehmen
USA UND KANADA
- Hochwasserschutz hätte mehr als 85 Prozent der Todesopfer der Sturzflut in Texas verhindert