Achtzig Jahre danach: Warum wurde der Faschismus besiegt, aber nicht ausgerottet?

Achtzig Jahre danach: Warum wurde der Faschismus besiegt, aber nicht ausgerottet?
Photo by Mikhail Tyrsyna / Unsplash

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg und die Naziherrschaft in Deutschland. Die damit verbundene Hoffnung auf dauerhaften Frieden, Zusammenarbeit der Völker und Schutz der Menschenwürde scheint heute, 80 Jahre danach, weiter entfernt denn je.

Am 9. Mai, dem Tag der Unterzeichnung der deutschen Kapitulation in Berlin, feiert Russland den Tag des Sieges im „Großen Vaterländischen Krieg“. Dazu sind die Staats- und Regierungschefs von 29 Nationen – darunter die BRICS-Mitglieder China, Brasilien und Ägypten – diese Woche in Moskau zusammengekommen.

In den letzten Wochen hat die russische Führung die Rolle Großbritanniens beim Aufstieg Nazi-Deutschlands und seinem „Drang nach Osten“ gegen Russland hervorgehoben und mit der Rolle der Vereinigten Staaten bei der Verteidigung von Demokratie und Souveränität kontrastiert. Als entscheidende Lehre für die Gegenwart haben Sergej Schoigu, Sekretär des russischen Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew, ehemals Sekretär des russischen Sicherheitsrates und jetzt persönlicher Berater von Präsident Wladimir Putin, sowie der von Sergej Naryschkin geleitete Auslandsgeheimdienst SVR dasselbe Thema angesprochen: die Vereinigten Staaten unter Lincoln und Roosevelt waren damals wie heute Russlands natürlicher Verbündeter im Kampf gegen den von Großbritannien beförderten Faschismus.

Der amerikanische Staatsmann Lyndon LaRouche ging in einem Artikel „Was ist eigentlich Faschismus?“ vom 19. August 1977 auf die Natur des Faschismus ein und darauf, warum dieser zwar besiegt, aber nie vollständig vernichtet wurde:

„Der Nationalsozialismus hatte, ebenso wie die heutige „Umweltschutz“-Bewegung in der BRD (damals Westdeutschland), zwei Gesichter. So wie die „Umweltschutz“-Bewegung wurde die Institution des nationalsozialistischen Regimes Deutschland von außen aufgezwungen, und zwar von den Mitarbeitern des deutschen Zentralbankchefs Hjalmar Schacht, die hauptsächlich in den Finanzkreisen Londons und Manhattans tätig waren – und nicht von deutschen Industriellen. Die zweite Tatsache in Bezug auf den Nationalsozialismus ist, dass soziale Kräfte unterschiedlicher Ausrichtung und Zusammensetzung manipuliert wurden, um als politische Hilfstruppe zur Unterstützung von Schachts Hitler-Projekt zu fungieren …

Um die treibende Kraft hinter diesem Gesamtphänomen zu verstehen, muss man seine Aufmerksamkeit auf die Führungsebene richten, auf die Hjalmar Schachts und seinesgleichen. Auf der obersten Ebene wird das Wesentliche definiert. Der relativ kleine Kreis von Verschwörern an der Spitze benötigt jedoch eine große Anzahl manipulierbarer Handlanger als soziale Basis für die Errichtung faschistischer Regime oder anderer Institutionen faschistischer Politik. Diese soziale Basis zwingt uns, uns auf den zweiten, ergänzenden Aspekt des Faschismus zu konzentrieren, wie den Ökologismus, Terrorismus und exotische synthetische Religionen im Allgemeinen. Dabei müssen wir die Anfälligkeit der verschiedenen sozialen Schichten berücksichtigen, die manipuliert werden. Dieser zweite Aspekt beinhaltet die Schwierigkeit, dass große faschistische Bewegungen niemals soziologisch oder politisch homogen waren.

Die zusammenfassende strategische Bewertung zu diesem Punkt lautet, dass die Kreise in Manhattan und London, als sie Hjalmar Schachts Hitler-Projekt in Gang setzten, sowohl Deutschland als auch den Nationalsozialismus transformierten und eine merkwürdige symbiotische Abhängigkeit zwischen der Nazi-Maschinerie und den deutschen nationalen Wirtschafts- und verwandten Interessen schufen. Das Ergebnis war, dass sich die wirtschaftlichen und damit verbundenen Interessen Deutschlands in den verzerrten Formen äußerten, die im Rahmen der von Schacht geschaffenen und vom Hitler-Apparat verwalteten Strukturen der Rentenmark und der Mefo-Wechsel möglich waren.

Die wirtschaftliche Seite des Nationalsozialismus war vor 1933 in vollem Gange, nicht durch Hitler oder Gregor Strasser, sondern durch Schacht. Mit der Verschärfung der internationalen Währungskrise, insbesondere nach dem Zusammenbruch der Wiener Kreditanstalt und dem Fall des britischen Pfundes im Jahr 1931, reichten die bestehenden Sparmaßnahmen Schachts in Deutschland nicht mehr aus, um die wackelige deutsche Schuldenstruktur [der Reparationszahlungen, d. Red.] zu stützen. Ein Zusammenbruch der deutschen Schuldenstrukturen zu diesem Zeitpunkt hätte die Macht der wichtigsten Finanzinstitute in London und Manhattan vollständig zerstört. Nach Einschätzung von Schacht und seinen Verbündeten in London und Manhattan waren drastischere Maßnahmen erforderlich.

Die bestehenden Strukturen der Weimarer Republik konnten eine solche Verschärfung der Sparpolitik nicht ermöglichen. Der Reichstag musste beseitigt werden, ebenso wie die Parteistrukturen, die als Mobilisierungszentrum für einen Gegenangriff gegen die von außen auferlegte Sparpolitik dienen könnten. Dafür, so betonte Schacht, wurde Hitler gebraucht.“

Die Menschheit ist jetzt erneut mit dem hässlichen Gesicht des Faschismus konfrontiert, ob es sich um die heutigen Anhänger des damaligen Hitler-Verbündeten Stepan Bandera in Kiew handelt oder die Anhänger von Wladimir Zeev Jabotinsky, den der israelische Staatspräsident Ben-Gurion wegen seiner offenen Verteidigung der Nazis einst als „Wladimir Hitler“ bezeichnete. In der israelischen Regierung unter Netanjahu treiben solche Kräfte die Auslöschung Gazas und seiner Bevölkerung voran. Ebenso kann man hinter den blinden Terrorakten (wie auf dem indischen Subkontinent) die Intention erkennen, geopolitische regionale Kriege zu entfachen.

Die britisch-zentrierten Finanzinteressen haben die Politik Schachts wiederbelebt – Aufrüstung für den Krieg, verbunden mit einer Rettung des bankrotten Finanzsystems –, in dem Versuch, damit ihre Weltordnung zu retten.

In ihrem internationalen Webcast-Dialog „Drei gefährliche Brennpunkte, eine Lösung“ identifizierte die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche das Problem – und dessen Lösung:

„Wir sehen weltweit ein ganzes Muster von Angriffen gegen jedes einzelne BRICS-Land. […] [In der aktuellen Krise zwischen Indien und Pakistan] muss als Erstes der [Indus-Wasservertrag] zwischen Indien und Pakistan wieder in Kraft gesetzt werden, denn das ist eine sehr ernste Angelegenheit. Andernfalls [sollten sie] sich wirklich auf das Neue Paradigma einlassen, denn es gibt Bestrebungen, all diese Fragen zu klären – wenn man sich auf die Grundsätze der Zusammenarbeit einigt. Da die BRICS-Länder beabsichtigen, die fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz sowie die UN-Charta anzuwenden, gibt es bereits einen Rahmen. Wenn man sich also darauf einigt, dass dies die Grundprinzipien sind, die man aufrechterhalten will, kann man alle heiklen Fragen separat diskutieren, wie es im Westfälischen Frieden geschehen ist.

Ich denke, dass Russland und China und viele andere Länder – wie Indonesien, Brasilien, Nigeria, Südafrika – sich einem solchen Ansatz anschließen könnten.“

Hier können Sie den deutschsprachigen Webcast mit Helga Zepp-LaRouche ansehen: „Russische Politiker warnen vor neuem Faschismus in Europa“


Inhalt

STRATEGISCHE KRIEGSGEFAHR

  • Lawrow verurteilt britischen Plan zur Zerstörung Russlands – im Zweiten Weltkrieg und heute
  • Maria Sacharowa über die Niederlage des Faschismus und „Lehren aus der Geschichte“
  • Massive Drohnenangriffe auf Russland
  • Britischer Plan eines Krieges mit Russland
  • Indien und Pakistan beschuldigen sich gegenseitig, Kämpfe eskalieren
  • UN-Experten verurteilen Israels „Entweihung menschlichen Lebens und der Menschenwürde“ in Gaza

USA UND KANADA

  • Amerikanisch-chinesische Handelsgespräche
  • Trump besucht Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate

KOLLABIERENDES IMPERIALES SYSTEM

  • Merz-Regierung dank Linken und Grünen gewählt

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